Erste Hilfe zu leisten ist Ehrensache, trotzdem tut es nicht jede*r. In Deutschland behauptet nur etwa die Hälfte der Menschen von sich, in schweren Notlagen zu helfen. Bei leichten Verletzungen steigt die Hilfsbereitschaft immerhin auf 82%, doch das ist lange nicht genug. Damit du für einen Notfall gewappnet bist, frischen wir hier dein Knowhow zum Thema Erste Hilfe auf.
Würdest du im Notfall helfen?
Kommt es zu einer schwerwiegenden Notsituation, behaupten lediglich 48% von sich im Ernstfall zu helfen. Dass dabei nicht nur Leben gefährdet, sondern auch eine Straftat begangen wird, ist im Strafgesetzbuch im Paragraph 323c festgelegt. Demnach kann unterlassene Hilfeleistung neben einer Geldstrafe mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden. Wichtiger als die Pflicht zur Hilfe scheint zudem die Moral und gegenseitige Verantwortung, denn wer selbst einmal in eine Notsituation gerät, ist auf einmal selbst auf die Hilfsbereitschaft der anderen angewiesen – und dankbar für jede noch so kleine Unterstützung. Ein häufiger Grund sind die Unsicherheit und Berührungsangst, die potenzielle Helfer*innen in diesem Moment am Eingreifen hindern. Um dem zu begegnen, erfährst du hier, wie du im Notfall richtig handelst und was die wichtigsten Schritte sind.
Ruhe bewahren und die 5-W-Regel beachten
Das oberste Gebot in jedem Notfall lautet: Ruhe bewahren. Nur mit kühlem Kopf kann man selbstsicher und intuitiv richtig handeln. Für die betroffene Person ist es außerdem bereits von großer Bedeutung, in einer Notsituation nicht alleine gelassen zu werden und Beistand durch einen anderen Menschen zu haben. Gut zureden hilft bereits enorm und kann Schock- sowie Angstzustände der betroffenen Person mildern. Dann geht es darum, weitere Hilfe anzufordern – bereits mit einem einzigen Anruf kann man Leben retten. Unter den Notfallnummer 110 und 112 stehen rund um die Uhr Einsatzkräfte bereit. Um hier bestmöglich mit dem Rettungsdienst zusammen zu arbeiten, sollte man die 5-W-Regel beachten.
- Wo? – Wo ist der Notfall passiert? Gib die genaue Adresse oder eine möglichst präzise Ortsbeschreibung an. Auf der Autobahn dienen die kleinen blauen Kilometerschilder der Orientierung. Alle 500 m ist eines dieser Schilder hinter der Leitplanke aufgestellt.
- Was? – Was ist passiert? Beschreibe die Situation und die Art des Notfalls (z.B. Unfall, Brand, medizinischer Notfall).
- Wie viele? – Wie viele Personen sind betroffen? Gibt es Verletzte? Wenn ja, wie viele?
- Welche Verletzungen? – Welche Art von Verletzungen oder Symptomen liegen vor?
- Warten! – Warte auf Rückfragen. Lege nicht einfach auf, die Leitstelle könnte weitere Informationen benötigen.
Auffinden einer bewusstlosen Person
Beim Auffinden einer bewusstlosen Person sind verschiedene lebensrettende Maßnahmen notwendig. Um effektiv Hilfe leisten zu können, ist es wichtig, als Ersthelfer zunächst die Situation einzuschätzen und mögliche Risiken für die betroffene Person und sich selbst zu identifizieren. Selbstschutz hat stets Priorität, insbesondere wenn weitere Gefahren wie herannahende Fahrzeuge oder eine Brandquelle vorhanden sind. Falls nötig, ist zunächst die Unfallstelle abzusichern, das heißt: Warnblinker, Warnweste und Warndreieck verwenden und den Erste-Hilfe-Koffer greifen. Um die verletzte Person gut und effizient zu versorgen, sollte systematisch vorgegangen werden. Sind andere Personen vor Ort, können diese aktiv zur Mithilfe animiert werden. Mit einem gezielten “Hilfe”-Ruf macht man auf sich und die Situation aufmerksam.
Zuerst sollten Sie die betroffene Person ansprechen und anfassen, um ihren Bewusstseinszustand zu überprüfen. Erfolgt keine Reaktion und ist die Muskulatur erschlafft, ist die Person bewusstlos.
Dann sollte sofort die Atmung geprüft werden! Dazu neigst du den Kopf der Person nach hinten und hebst gleichzeitig das Kinn an, um die Atemwege freizumachen und den Mund zu öffnen. Hebt sich der Brustkorb? Sind Atemgeräusche zu hören? Ist ein Luftstrom spürbar? Die Atemkontrolle sollte 10 Sekunden dauern.
Ist die Atmung vorhanden, sollte die Person in die stabile Seitenlage gelegt werden. In diesem Video kannst du dir in einer Minute ansehen, wie die stabile Seitenlage funktioniert. Anschließend setzt du den Notruf entsprechend der 5-W-Regel ab. Bis zum Eintreffen der Rettungskraft solltest du die Person betreuen und trösten und immer wieder das Bewusstsein bzw. die Atmung kontrollieren.
Falls keine normale Atmung festgestellt werden kann oder daran Zweifel bestehen, ist bei einer bewusstlosen Person von einem Kreislaufstillstand auszugehen. In diesem Fall ist es entscheidend, sofort mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung zu beginnen.
Maßnahmen zur Wiederbelebung
Um in einer Notsituation und besonders bei einer möglichen Wiederbelebung mit klarem Kopf zu reagieren, gelten hier drei Schritte: Prüfen, Rufen, Drücken. Die ersten beiden Schritte sind hier oben bereits beschrieben. Kommen wir nun zum Drücken, also der Herzdruckmassage. Diese sollte unbedingt auf einem harten Untergrund durchgeführt werden.
- Du kniest auf Höhe des Brustkorbs der betroffenen Person und machst diesen frei.
- Lege einen Handballen auf die Mitte des Brustkorbs (Brustbein) und nimm die zweite Hand (geballt) dazu.
- Drücke den Brustkorb 5 bis 6 cm tief mit einer Frequenz von 100 bis 120 mal pro Minute ein. Als Eselsbrücke kannst du dich auch am Takt des Songs “Atemlos” von Helene Fischer orientieren. Druck und Entlastung sollten gleich lang sein.
Führe die Wiederbelebungsmaßnahmen solange durch, bis der Rettungsdienst eintrifft. Im Idealfall ergänzt du die Herzdruckmassage mit einer Atemspende:
Nach 30x Drücken hältst du die Nase der betroffenen Person zu und beatmest sie zweimal kräftig, sodass sich der Brustkorb hebt. In diesem Takt führst du abwechselnd Herzdruckmassage und Beatmung durch. Wichtiger als die Beatmung ist an dieser Stelle auf jeden Fall die Herzdruckmassage, da so der im Blut vorhandene Sauerstoff der Person weiter im Körper zirkuliert.
Die Wahrscheinlichkeit, einmal Ersthelfer*in zu werden, ist dabei gar nicht so gering. In etwa jede*r Vierte gerät einmal im Leben in eine Situation, in welcher ein entsprechendes Eingreifen notwendig ist. Allerdings liegt die Reanimationsquote in Deutschland lediglich bei 40%. Der europäische Durchschnitt liegt bei 52% und in Skandinavien sind es sogar bis zu 80%!
Die hier erläuterten Basics im Kopf zu haben, baut Unsicherheiten ab und erleichtert den reibungslosen Ablauf im Notfall. Es schadet also nicht, sich ab und an die einzelnen Schritte ins Gedächtnis zu rufen.
Erste Hilfe rettet Leben! Das einzige, was man falsch machen kann, ist nicht zu helfen und wegzusehen.