Green Culture beleuchtet den Klimaschutz aus allen möglichen Perspektiven. Zum Dauerbrenner-Thema Mobilität sprachen wir mit Andreas Casado. Er ist Head of Branch, Landtransport Ilsfeld, und Mitglied des GreenCulture-Projektteams.
Mobilitätsverhalten ändern: „Will ich oder will ich nicht?“
Herr Casado, was motiviert Sie, sich neben dem beruflichen Alltag für das Thema Mobility im Projekt GreenCulture zu engagieren?
Andreas Casado: Der Klimawandel ist der Forschung zu Folge menschengemacht. Dann ist es auch Sache der Menschen, etwas dagegen zu tun. Da will ich mithelfen. Dass einzelne Personen nichts ändern können, ist ja nur die halbe Wahrheit. In Summe bewirken Einzelmaßnahmen eine ganze Menge. Den Beweis liefert die deutsche Klimabilanz für 2024. Deutschland hat das dritte Jahr in Folge seine CO2-Emissionen gesenkt. Im Vergleich zu 1990 haben wir sie halbiert. Das ist allerdings vor allem auf Maßnahmen im Energiesektor zurückzuführen, etwa auf den Rückgang der Kohleverstromung bei gleichzeitigem Ausbau der erneuerbaren Energien.
In Sachen Verkehr tut sich in Summe aber noch viel zu wenig.
Andreas Casado: Nicht zuletzt deshalb greift GreenCulture diesen besonders schwierigen Aspekt explizit auf.
„Anfangen, testen und an der Lösung feilen“
Warum besonders schwierig?
Andreas Casado: Weil zum Beispiel das Auto für uns der Inbegriff von individueller Freiheit ist. Deswegen tun wir uns ja so schwer, es hin und wieder stehen zu lassen. Zum Beispiel um Fahrgemeinschaften zu nutzen. Für den Weg zur Arbeit sind Fahrgemeinschaften ein Super-Mittel, um den persönlichen CO2-Fußabdruck zu verbessern. Man trifft sich zu Hause oder an verkehrstechnisch günstigen Punkten und fährt dann zumindest einen Teil der Strecke zu zweit, zu dritt oder gar zu viert weiter.
Das scheitert nicht selten an den individuellen Arbeitszeiten.
Andreas Casado: Das stimmt. Aber es ist ja schon ein Anfang, sich an denjenigen Tagen zusammenzuschließen, wo es problemlos klappt. Selbst wenn man das nur einmal pro Woche hinbekommt. Unser Vorschlag von GreenCulture: „Anfangen, testen und an der Lösung feilen.“ Vielleicht kann man auch mit seinem Vorgesetzten reden, um die Bildung von Fahrgemeinschaften mit den Dienstplänen besser in Einklang zu bringen. Wir haben in Ilsfeld zum Beispiel gewerbliche Mitarbeiter, die regelmäßig gemeinsam zur Nachtschicht fahren, was sich auch wirtschaftlich lohnt.
Bei Mobilität geht es nicht nur um den Weg zur Arbeit, sondern auch um die private Nutzung von Auto, Flugzeug & Co.
Andreas Casado: Gerade hier kann man viel tun. Weil jeder selbst entscheidet, ob er im Urlaub ein 10.000 Flugmeilen entferntes Ziel ansteuert oder auch mal die Attraktivität des eigenen Landes genießt. Jeder kann sein Mobilitätsverhalten hinterfragen und verändern. GreenCulture empfiehlt beispielsweise autofreie Wochenenden.
„Man sollte sich nicht selbst verbieten, auf andere Gedanken zu kommen“
Nun sagen viele: Ich lass mir doch das Auto nicht verbieten. – Was halten Sie einer solchen Position entgegen?
Andreas Casado: Es geht doch generell nicht um Verbote oder gar um eine vermeintliche Verbotskultur.
Sondern?
Andreas Casado: Um die Frage, ob ich bereit bin, meine Verhaltensmuster in Sachen Mobilität zumindest hin und wieder zu hinterfragen. Kurz gesagt: Will ich oder will ich nicht? Über meine Freizeit, meinen Urlaub bestimme ich schließlich selbst. Wer der Meinung ist, dass menschliches Verhalten in Summe das Klima beeinflusst, sollte sich die Frage stellen, wo und wie er seinen Alltag dekarbonisieren kann. Beziehungsweise will. Mit Verboten hat das nichts zu tun. Wenn ich mit meinen zwei Kindern statt Auto den Zug oder die S-Bahn benutze, ist das eine freiwillige Entscheidung für ein umweltfreundliches Verkehrsmittel. Und es bringt nebenbei gute Unterhaltung und (lacht) manchmal auch Abenteuer. Im Ernst: Niemandem wird das Auto verboten. Aber man sollte sich nicht selbst verbieten, auf andere Gedanken zu kommen. Das kann richtig Spaß machen.
Spaß ist ein guter Übergang zum spielerischen Aspekt von GreenCulture. Wer sein Mobilitätsverhalten verändert, kann Punkte bei der GreenCulture-Challenge sammeln.
Andreas Casado: In erster Linie geht es um das Tun und nicht um die Punkte. Deshalb sprechen wir bei der Challenge in der Tat von einem spielerischen Ansatz, bei dem die Punkte eher einen symbolischen Charakter besitzen. Aber davon kann man natürlich einige sammeln.
Haben Sie konkrete Beispiele?
Andreas Casado: Für ein autofreies Wochenende können Sie sich 671 Punke gutschreiben. Wer einen fünf Kilometer weiten Weg zur Arbeit hat und dafür das Fahrrad nimmt, bekommt knapp 100 Punkte. Und eine Dreier-Fahrgemeinschaft über 30 Kilometer bringt jedem Teilnehmer 189 Punkte.
Herr Casado, vielen Dank für das Gespräch.