Aussehen und Attraktivität spielen eine zentrale Rolle in unserer Gesellschaft. Dabei geht es um mehr als nur äußere Schönheit, denn das Erscheinungsbild von Personen wird ständig unbewusst bewertet, was sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen kann.
Kultur & Gesellschaft bestimmen, was als schön gilt
Schönheitsideale existieren schon seit langer Zeit. In verschiedenen Kulturen und Epochen haben sie sich immer wieder verändert. In Japan färbte man sich früher die Zähne schwarz, im Barock trug man üppige Lockenperücken, und im Mittelalter galt eine blasse Haut als besonders ansehnlich. Ein Schönheitsideal ist also die Vorstellung davon, was als schön gilt, und diese Vorstellung variiert je nach Kultur und Zeit. In der heutigen westlichen Welt dominiert ein Schönheitsideal, das helle Haut, schlanke bis sportliche Frauen mit langen Haaren und große, muskulöse Männer bevorzugt. Vor allem die Medien und sozialen Netzwerke bestimmen, welche Personen als schön gelten, indem sie bestimmte Stereotypen in Zeitschriften, Filmen und auf Plattformen wie Instagram und TikTok zeigen.
Besonders das Internet spielt eine entscheidende Rolle in der Verbreitung und Festigung dieser Ideale. Menschen werden täglich mit Bildern und Videos konfrontiert, die bestimmte Vorstellungen von Schönheit vermitteln – sei es der makellose Teint, der durch Make-up und Filter perfektioniert wurde, oder der schlanke Körper, der als Standard für Attraktivität gilt.
Wenn Menschen von Geburt an mit diesen Bildern konfrontiert werden, verinnerlichen sie diese Ideale und streben danach, selbst so auszusehen. Dies kann weitreichende Folgen haben, wie in den nächsten Abschnitten beschrieben wird.
Kapitalisierung und Gesundheitsrisiken
Der Druck, den geltenden Schönheitsidealen zu entsprechen, führt oft dazu, dass Menschen viel Zeit und Geld in ihr Äußeres investieren. Die Industrie profitiert davon enorm: Es gibt Abnehmpillen, teure Cremes, Waxingprodukte und sogar Geräte, die speziell dafür entwickelt wurden, bestimmte Körperpartien zu formen. Diese Produkte versprechen ein Aussehen, das den gesellschaftlichen Idealen entspricht.
Problematisch wird es, wenn das Streben nach Schönheit die Gesundheit gefährdet. Viele Menschen riskieren ihre Gesundheit, um einem bestimmten Aussehen zu entsprechen. So erhöht beispielsweise die Nutzung von Solarien das Hautkrebsrisiko erheblich, wird aber oft in Kauf genommen, um eine sommerliche Bräune zu erzielen. Auch die Zahl der Schönheitsoperationen nimmt zu, was zeigt, wie stark der Druck, perfekt auszusehen, vor allem bei jungen Menschen ist. Der Schlankheitswahn, der durch die allgegenwärtige Darstellung schlanker Körper in sozialen Netzwerken verstärkt wird, kann zu ernsten psychischen Erkrankungen wie Magersucht führen, von denen besonders Mädchen und junge Frauen betroffen sind.
Schönheitsarbeit ist vor allem Frauensache
In der öffentlichen Wahrnehmung werden vor allem weibliche Körper abgebildet und bewertet. Frauen sollen jung, attraktiv, faltenfrei, schlank und weiß sein. In der Werbung dienen Frauen häufig nur als dekoratives Element, das die Attraktivität eines beworbenen Produkts erhöhen soll. Gleichzeitig wird von Frauen erwartet, mehr Zeit und Geld in ihr Aussehen zu investieren, was an der endlosen Palette von Beautyprodukten für verschiedenste Körperregionen erkennbar ist.
Diese Produkte sind oft teurer als die für Männer, selbst wenn sie nahezu identisch sind – dieses Phänomen wird als „Pink Tax“ bezeichnet. Frauen, die sich dem Schönheitswahn und der unfairen Preispolitik entziehen wollen, müssen jedoch oft mit negativen Konsequenzen rechnen, denn in einer Gesellschaft, die Aussehen so stark bewertet, ist es schwierig, sich diesem Druck vollständig zu entziehen.
Historisch betrachtet gab es jedoch auch Schönheitsikonen wie Marilyn Monroe, die mit ihrer kurvigen Figur und ihrem natürlichen Charme ein anderes Bild von Weiblichkeit und Schönheit verkörperte. Marilyn Monroe steht als Symbol für eine Ära, in der Weiblichkeit und Kurven als attraktiv galten, während das heutige Ideal oft ein athletischer und schlanker Körper ist.
Der Benefit von Schönheitsarbeit in der Leistungsgesellschaft
In der heutigen Leistungsgesellschaft wird ein gesunder, fitter und attraktiver Körper als Norm angesehen. Menschen, die diesem Ideal entsprechen, haben oft Vorteile im Leben, die sogenannten „Pretty Privileges“. Dazu gehören bessere Noten in der Schule, mehr Erfolg im Beruf, höhere Gehälter, bessere Aufstiegschancen und sogar eine bessere Gesundheitsversorgung. Kein Wunder, dass der Druck, das eigene Äußere zu optimieren, immer größer wird. Der Drang, in sozialen Netzwerken Bilder von vermeintlich perfekten Körpern zu posten, trägt zusätzlich dazu bei, dass dieser Druck verstärkt wird.
Die Investition in das eigene Aussehen ist also nicht nur oberflächlich, sondern kann tatsächlich die eigenen Zukunftschancen verbessern und sogar vor Diskriminierung schützen.
Lookismus
Unser Aussehen spielt in der Gesellschaft eine bedeutende Rolle. Fast jede*r von uns hat schon einmal Bemerkungen wie „Hast du diese Frisur gesehen?“ oder „Wie kann man nur so rumlaufen?“ gehört oder selbst gemacht. Dieses Verhalten, das als Lookismus bezeichnet wird, beschreibt die Bewertung – meist Abwertung – von Menschen aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbilds. Oft geschieht dies unbewusst, aber es ist ein tief verankerter Teil unseres Alltags. Problematisch wird es, wenn Lookismus zu Diskriminierung führt.
Lookistische Diskriminierung bedeutet, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens in bestimmte Gruppen eingeteilt werden, wodurch vermeintlich auf ihre Charaktereigenschaften oder Fähigkeiten geschlossen wird. Diese Klischees dienen oft der Abwertung anderer, zum Beispiel wenn übergewichtige Menschen als faul und träge abgestempelt werden. Diese fälschlichen Rückschlüsse stammen aus der Pseudowissenschaft der Physiognomik des 19. Jahrhunderts, die versuchte, anhand von äußeren Merkmalen den Charakter eines Menschen zu bestimmen. Noch heute sind solche Denkmuster in Form von Sexismus, Rassismus, Ableismus (Diskriminierung von Menschen mit Behinderung), Dickenhass und Ageismus (Diskriminierung von älteren Menschen) weit verbreitet. Besonders betroffen von lookistischer Diskriminierung sind marginalisierte Gruppen wie queere Menschen, People of Color, Frauen mit Kopftuch, Menschen mit Behinderungen, übergewichtige und ältere Menschen.
Body Shaming, Positivity & Neutrality
Wenn die Diskriminierung aufgrund des Aussehens in Form von Beleidigungen oder Demütigungen sichtbar wird, spricht man von Body Shaming. Ironischerweise erscheinen Menschen, die solch respektloses Verhalten zeigen, oft selbst als wenig ansprechend. Zum Glück gibt es Gegenbewegungen wie die Body Positivity, die für die Akzeptanz aller Körperformen wirbt und unrealistische Schönheitsideale in Frage stellt.
Body Positivity ist in den letzten Jahren vor allem in den sozialen Medien populär geworden, doch sie spricht nicht jede*n an. Manche Menschen fühlen sich in ihrem Körper einfach nicht wohl und empfinden Body Positivity als Druck, sich selbst lieben zu müssen. In solchen Fällen kann die Body Neutrality eine Alternative sein, die den Fokus darauf legt, dass wir mehr sind als unser Körper und dass die inneren Werte zählen.
der Be- und Abwertung von Personen entgegen treten. Body Positivity vertritt die Ansicht, dass jeder Körper einzigartig und daher schön ist und unrealistische Schönheitsideale abgeschafft werden sollten. Die Bewegung hat vor allem in den letzten Jahren auf den Social-Media-Kanälen Zuspruch erhalten.
Body Shaming ist out, und auch Body Positivity spricht nicht jede*n an, denn manche Menschen fühlen sich in ihrem Körper schlicht und einfach nicht wohl. Wir sollten uns daher vor allem eines bewusst werden: Wir sind mehr als unsere Körper, denn was zählt, sind vor allem die inneren Werte.